Der Neubau im Weinbaudorf Hallau fügt sich mit seiner strukturierten Fassade in die historische Bebauung ein, bereichert sie durch moderne Formensprache und bleibt trotz individueller Gestaltung im Budget.
Umgeben von sanften Hügeln, Feldern und Wäldern liegt das Weinbaudorf Hallau. Es ist einer der wichtigsten Orte des „Blauburgunderlandes“, wie das umliegende Weinanbaugebiet nahe Schaffhausen in der Deutschschweiz genannt wird. Landwirtschaft und Weinanbau sorgen für materiellen Wohlstand der Bevölkerung. Mit seiner pittoresken Umgebung, der guten wirtschaftlichen Stellung und guter Verkehrsanbindung ist Hallau ein attraktiver Wohnort, der Naturliebhaber und Familien als neue Bürger anzieht.
Der Zuzug zeigt sich in neuen Wohnsiedlungen und alleinstehenden Ein- und Mehrfamilienhäusern. 2017 entstand das Gebiet „onderi Gass“, dessen Planung das regionale Büro Eggli de Beer übernahm. Ihr Ziel war es einerseits, mit dem städtebaulichen Konzept der Zersiedelung in der Region etwas entgegenzusetzen: Statt Fertighaus-Look sollte sich die Optik der örtlichen Umgebung anpassen. Gleichzeitig legten die Planer Wert auf Verdichtung, um weniger Land in Anspruch zu nehmen und möglichst viel Natur unberührt zu lassen.
An der zentralen Hallauer Bahnhofstraße präsentiert sich einer dieser Neubauten: Ein Mehrfamilienhaus, dessen Optik die ortstypische Bebauungsstruktur aufgreift und gleichzeitig eine moderne Formensprache hat. „Über seine Viergeschossigkeit vermittelt es mit den sehr hohen und steilen Giebeldächern der umliegenden Gebäude“, sagt Architektin Géraldine de Beer. So reiht sich das Haus neben die Bestandsgebäude ein, während die Ausrichtung gleichzeitig eine optimale Belichtung der Wohnräume sicherstellt.
Zusätzlich legten die Bauherren Wert auf große Balkone an den Wohnungen. Die Architekten entwarfen Außenbereiche, deren massive Brüstungen den Straßenlärm zurückhalten. Eggli de Beer entschieden sich, die Balkone optisch zu betonen. „Es war uns wichtig, dieses markante Fassadenelement so zu entwerfen, dass ein Spiel mit Licht und Schatten entsteht und auch die Öffentlichkeit visuell davon profitieren kann“, so de Beer.
Die Gestaltung der Fassade geschah mithilfe einer Strukturmatrize. RECKLI-Gebietsmanager Elmar Pallasch beriet die Architekten zu den Einsatzmöglichkeiten und den über 200 Designs, die im Standard-Sortiment verfügbar sind. „Nachdem fünf verschiedene Strukturen bemustert wurden, gab es die Anfrage, ob wir den Favoriten Venezia auch invers liefern können“, sagt Pallasch. Venezia ist eine Strukturmatrize mit Rautenmuster, dessen Wölbung die Architekten auf der fertigen Fassade gern nach innen gewölbt haben wollten anstatt wie in der regulären Ausführung nach außen. Die Produktion einer inversen Matrize war kein Problem und verwandelte die Standard-Struktur in eine Individualstruktur: in dieser Form wurde Venezia bisher an keiner anderen Betonfassade eingesetzt.
Um das Budget einzuhalten, wurde nur eine Matrize bestellt. Die Schalungseinlage mit dem Maß 1,00 x 3,00 Meter lieferte RECKLI im März 2016 an das Fertigteilwerk Külling bei Schaffhausen. Die Matrize wurde vor dem Gießen der Betonelemente in die Schalung eingelegt und nach dem Aushärten des Betons von der Oberfläche abgezogen. Zurück blieb ein präziser Abdruck der Struktur. Architektin de Beer ist mit dem Resultat zufrieden. „Das weiche Rautenmuster kommuniziert mit den Biberschwanz-Ziegeldächern der nahen Umgebung und erzeugt am Gebäude eine zusätzliche Feingliedrigkeit.“ Mit geringem Aufwand konnten sie bei der Fassadengestaltung einen schönen Akzent setzen, ohne Bauzeit oder Budget zu belasten.