Die Lärmschutzwand entlang des Logistik-Bereichs der Brauerei Krombacher denkt Schallschutz neu: Ihre Gestaltung vereint den offensichtlichen Zweck mit Design und ökologischem Zusatznutzen.
Lärmschutzverordnung: Ein typisch trockenes Behördenwort, das Kreativität im Keim erstickt - unzählige graue Betonwände entlang deutscher Autobahnen scheinen der beste Beweis dafür.
Die Brauerei Krombacher im nordrhein-westfälischen Krombach tritt jedoch den Gegenbeweis an. Entlang des Logistik-Bereichs der Bierbrauer entstand eine Lärmschutzwand, die die umliegenden Anwohner von den Geräuschen der regen Logistik abschirmt: Von Sonntag bis Freitag wird dort ununterbrochen angeliefert, verladen und abgeholt. Doch anstatt die Bürger auf eine graue Schallschutzwand starren zu lassen, entwickelten die Bauherren und der Architekt gemeinsam die Idee für eine wellenförmig angelegte Wand mit Oberflächenstruktur und zusätzlicher Begrünung. Passend dazu wurde sie „Grüne Welle“ getauft. 1,5 Millionen Euro hat Krombacher in die Wand investiert, für das gesamte Projekt fielen 2,7 Millionen Euro Kosten an.
Entworfen wurde das Projekt von Landschaftsarchitekt Andreas Kipar. Er musste dabei die umliegende grüne Landschaft mit seinen Hügeln und dem vorbeifließenden Fluss mit einer zehn bis zwölf Meter hohen Wand und dem dahinterliegenden großen Werk in Einklang bringen. Um das Bauwerk leichter zu gestalten, wurde die Wand deshalb wellenförmig angelegt und bekam zudem eine Struktur auf der Oberfläche: Mithilfe der RECKLI-Betonstruktur „Cheyenne“ wurde eine Felsstruktur der französischen Alpen in den Beton geprägt. Die Struktur erleichtert außerdem die Aufnahme zusätzlicher Begrünung. „Cheyenne“ gibt es in fünf verschiedenen Ausführungen; Kipar wählte im RECKLI-Werk persönlich die Ausschnitte aus, die an der Wand zum Einsatz kamen. Um eine Schalschicht einzusparen und die Wellen leichter realisieren zu können, führte RECKLI die Matrize wesentlich dicker als üblich aus.
Doch mit der Wellenform allein war es für Architekt Kipar nicht getan. Die Wand wurde außerdem begrünt, um die Beziehung zur umgebenden Natur und dem Bauherren hervorzuheben: Auf den Beton aufgebrachte Moosmatten symbolisieren die Krombacher-Insel, die vielen Bierliebhabern aus der TV-Werbung ein Begriff ist. Eine verbaute Bewässerungsanlage erzeugt Nebel, der das Moos befeuchtet und am Leben hält. Vor der Wand wächst ein Hopfenwäldchen. An anderer Stelle wurde Efeu gepflanzt, der an der Mauer hochranken wird. Unweit der Mauer fließt der Krombach. Die Lärmschutzwand lebt: Ihr Bild verändert sich mit den Jahreszeiten und bietet den Anwohnern einen abwechslungsreichen Anblick. Der wabernde Nebel erzeugt ein mystisch-schönes Ambiente. Krombacher-Gesellschafterin Petra Schadeberg Hermann nennt die Grüne Welle ein vertikales Landschaftsbild: „ein Beitrag zur grünen Lebensqualität und ein künstlerisches Naturhighlight.“ Auf ihrer Rückseite ist die Wand nach dem Farbkonzept des Industriedesigners Friedrich Ernst von Garnier gestaltet. So fügt sich das Bauwerk auch von der Brauereiseite optisch in seine Umgebung ein.
Ökologisch nützlich wird das Bauwerk dank seiner Begrünung: Das Moos wurde als Mix aus Zellulosemasse, natürlichem Klebstoff, Gartenerde und zerkleinerten Pflanzenteilen auf die Matten aufgesprüht. Nach dem Anwachsen dient es als Feinstaubfilter für die Abgase, die am Leergutlager zwangsläufig entstehen: Laut Kipar filtert ein Quadratmeter Moos so viel wie 17 erwachsene Bäume. Die insgesamt angelegten 270 Quadratmeter Moos entsprechen der Filterleistung von über 4000 Bäumen. Mit dem ökologischen Zusatznutzen wird die Wand zudem den Ansprüchen an Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein gerecht, die sich die Brauerei gesetzt hat.