
Orchard Road ist eine historisch bedeutende Straße in Singapur. Ab 1830 wuchsen hier zunächst Pfeffer und Gambir-Pflanzen auf großen Plantagen, später Muskatnuss. Obstplantagen gaben der Straße schließlich ihren Namen. Heute ist die zentral gelegene Straße eine Shoppingmeile, beliebt bei Einheimischen und Touristen.
Die grüne Vergangenheit der Nachbarschaft inspirierte den Projektentwickler Swire Properties und das Londoner Architekturbüro Heatherwick Studio zu einem außergewöhnlichen Projekt: „Eden“ heißt das Wohngebäude, das Swire Properties nur wenige Gehminuten von Orchard Road entfernt entwickelt und das für sich in Anspruch nimmt, ein neues architektonisches Wahrzeichen der Stadt zu sein. „Die Immobilie ist beeinflusst von Singapurs Vision als „Stadt in einem Garten“, entwickelt als ein Ort der natürlichen, ungestörten Schönheit mit einer Aura von Fülle, Luxus und Harmonie“, so die Projektentwickler.
Ausgehend von dieser Idee entwarfen die Architekten von Heatherwick Studio einen Wohnturm mit 20 Apartments, die jeweils ein gesamtes Stockwerk einnehmen. Jedes Apartment verfügt über vier Schlafzimmer und eine Wohnfläche von über 280 Quadratmeter. Die Eigentumswohnungen kamen 2020 auf den Markt, nach Abschluss der Bauarbeiten an „Eden“. Der Wohnturm ist in Singapurs zentral gelegenem „District 10“ angesiedelt, einem der exklusivsten Wohnviertel der Stadt.
Heatherwick Studio entschieden sich gegen ein gläsernes Hochhaus und entwarfen einen schlanken Wohnturm mit schmalen, hoch aufragenden Betonsäulen und markant geformten Balkonen: Wie Muscheln sind sie zwischen den Betonsäulen angesiedelt. Mit Farnen und Kletterpflanzen begrünt, kreieren sie eine üppige Atmosphäre für die künftigen Bewohner. „Wir wollten auch beim Wohnen in großer Höhe die Verbindung zur Natur unterstreichen – das Klima in Singapur erlaubt es uns, einen üppigen und fruchtbaren Garten für jede Einheit zu kreieren“, sagt Charlie Kentish von Heatherwick Studio.
Um das Gefühl zu wecken, dass sich die Natur nach allen Seiten ihren Weg durch die Apartments bahnt, entzerrten Heatherwick Architekten den traditionellen box-ähnlichen Grundriss und siedelten die Schlafzimmer diagonal zur quadratischen Kern-Wohnfläche an. Auf diese Weise kreierten sie einen lichtdurchfluteten Wohnbereich, zusätzliche Möglichkeiten für natürliche Lüftung und großzügige Fensterflächen mit einem 270-Grad-Ausblick über die Stadt, gekrönt von der privaten Natur-Oase jeder Wohneinheit auf dem bepflanzten Balkon.
So außergewöhnlich die bepflanzten Balkone sind, so einzigartig ist auch das Design für die Betonfassade. Sie dient als weitere Verbindung des Gebäudes mit der umgebenden Geschichte. Die Architekten nennen sie „ein Geschenk an Eden und Singapur“. Die Betonelemente sind mit einer dreidimensionalen Struktur gestaltet, die die Topographie der Stadt abbildet. Die Architekten entwickelten die Karte individuell weiter: Der Straßenzug, an dem Eden errichtet wurde, ist darin hervorgehoben; er steht etwas höher als der Rest der Struktur. Das Team passte die Maße an und testeten verschiedene Auflösungen. „Uns war es wichtig, Beton als Material einzusetzen. Doch anstatt herkömmlicher Schalungseinlagen zu nutzen wollten wir eine individuelle Struktur entwickeln, die zur Einzigartigkeit und Wertigkeit des Projekts beiträgt“, sagt Kentish.
Die Architekten von Heatherwick reisten zum RECKLI-Werk nach Herne, um Test-Güsse mit verschiedenen Entwürfen der Matrize zu begutachten. Auf Basis der Ergebnisse wählten sie ein Positivmodell aus, auf der anschließend die Strukturmatrizen gegossen wurden. RECKLI fertigte 38 Matrizen mit einer Gesamtfläche von 166,5 Quadratmeter. Auch bei der Produktion der Fassadenteile war Heatherwick involviert. „Wir hatten kleinere Probleme bei den Details der Eckelemente. In enger Zusammenarbeit mit RECKLI und dem Fertigteilwerk fanden wir eine Lösung“, so Kentish. Um die topographische Struktur passgenau um die Ecke führen zu können, schnitt RECKLI die Matrizen genau auf 45° zu.
Eine Effektimprägnierung gab dem hochwertigen Stahlbeton seinen sandfarbenen Ton. Die Architekten testeten dafür mehr als 100 verschiedene Rot-, Lila- und Brauntöne, bis sie den perfekten Farbton gefunden hatten. Angestrahlt vom tropischen Sonnenlicht erscheint die Fassade im natürlichen Look, der die Natur auf den Balkonen komplimentiert. Wanderndes Sonnenlicht sorgt für wechselnde Effekte an der dreidimensionalen Fassade und nährt den vertikalen Garten – ein passendes Finish für das grüne Design.